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Herbsttagung 2022

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Tag der offenen Tür der LZKH und Herbsttagung des Zahnärztlichen Vereins

Der diesjährige Tag der offenen Tür der Landeszahnärztekammer Hessen mit der gemeinsamen Herbsttagung des Zahnärztlichen Vereins zu Frankfurt am Main fand wieder einmal eine große Resonanz. Viele Online-Teilnehmer konnten die Inhalte am heimischen PC verfolgen. Hybridveranstaltungen gewinnen alljährlich mehr an Zuspruch.

Für die Landeszahnärztekammer Hessen eröffnete Frau Dr. Doris Seiz. Sie wies darauf hin, dass den Mitgliedern der KZVH und der LZKH ein alle 30 Jahre vorkommendes Ereignis bevorsteht – nämlich, dass die Wahlen für beide Vorstände gleichzeitig stattfinden und rief in trefflicher Weise zu einer regen Teilnahme daran auf.

 

Prof. Dr. mult. Robert Sader kündigte Veränderungen an, die uns in diesen Zeiten alle bevorstehen und die wir alle gerade zu spüren bekommen. Denn nicht nur die Gesellschaft ändert sich, sondern auch die zahnärztliche Versorgung. Viele MVZ’s und Großpraxen sind in der Vergangenheit entstanden und mit den Investoren ändern sich auch die „Spielregeln“. Der zahnärztliche Berufsstand sollte nie vergessen, ein freier Beruf zu bleiben. Daher ist es eine Grundvoraussetzung, die Selbstverwaltung zu stärken. Die Hochschulen stehen vor der Herausforderung die neue Approbationsordnung umzusetzen.

Mit der Überleitung auf die bevorstehenden Vorträge nahm er Bezug auf die Mega-Trends in der Zahnheilkunde, die Digitalisierung in Bezug auf Scan und 3D-Druck, sowie die Aligner-Technologien, die überall Einzug halten in die Industrie und Praxen. Doch bevor die Sessions starteten, wurde mit einer nun schon alten und liebgewonnenen Tradition der Preisträger des Friedrich-Kreter-Promotionspreises begrüßt. Beim diesjährigen Preisträger handelte es sich um Dr. Moritz B. Schlenz. Der Zufall wollte es so, dass sein Doktorvater Prof. Dr. Wöstmann gleichzeitig die Abteilung der zahnärztlichen Prothetik von der Universität Gießen vorstellte, denn die Referenten wurden von langer Hand und für den Tag angefragt aber der Preisträger steht erst fest, wenn das Gremium des zahnärztlichen Vereins alle eingereichten Promotionsarbeiten in anonymisierter Form gelesen und die Auswahl der besten Arbeit des Jahres getroffen hat. Und dies steht erst kurz vor der jeweiligen Herbsttagung fest und aufgrund der anonymen Einreichung ist eine Herstellung von Zufälligkeiten ausgeschlossen. Nach der Überreichung der Urkunde, nebst Bembel und Füllung desselben und Dotierung des Preises, trug Herr Dr. Schlenz die Ergebnisse seiner Dissertation vor mit dem Titel „Digitales Monitoring von Zahnhartsubstanzverlusten bei jungen Erwachsenen“. Kumulative, irreversible Oberflächenverluste jeglicher Ursache resultieren in einem Verlust der vertikalen Dimension, bringen erhöhte Sensibilitäten mit sich und führen zu einer reduzierten Ästhetik und Kaufunktion im Laufe des Alters. Die Messung der Veränderungen wurden mithilfe einer Analysesoftware nach vorherigen Scans gematcht und miteinander verglichen. So konnte mit digitalen Auswertungen eine Aussage über den Verlauf des Hartsubstanzverlustes getroffen werden.

Prof. Dr. Bernd Wöstmann schloss mit seinem Thema „Digitale Abformung – besser als konventionell?“ an und stellte heraus, dass nach Betrachtung der Historie die optischen Scannersysteme heute eine hohe Qualität erreicht haben und Restaurationen mit hoher Genauigkeit reproduzierbar werden. Die Entwicklung war aber abhängig vom fräsbaren Werkstoff Zirkondioxid, was der digitalen Welt einen enormen Schub verschaffte. Somit wurden die digitalen Prozesse unersetzlich. Es stellte sich heraus, dass die Genauigkeit digital mindestens so präzise ist wie die analoge Abformung, wobei beide Abformtechniken ihre Fehlerquellen besitzen. Analoge Abformungen sind ebenfalls techniksensitiv und müssen auch bei kleineren Fehlern stets in Gänze wiederholt werden. Digitale Abformungen können ausgeschnitten und partiell wiederholt werden, sodass sich auch im Präparations- und Abformprozess einige Dinge erleichtert darstellen. Interessanterweise sind auch mit etwas älteren Systemen nach Software-Updates noch Verbesserungen herauszuholen, sodass sich die Optiken vielleicht schon als „optimal“ ansehen lassen. Verschiedene Indikationen wurden vorgestellt, lediglich in der Total- und Teilprothetik, wird wohl noch mit analogen Massen gearbeitet werden müssen, bis die digitale Technik noch weiter an Funktionen hinzugewinnt.

Die zweite Session wurde von Frau PD Dr. Maximiliane A. Schlenz zum Zusatznutzen von intraoralen Scans vorgestellt. Hierbei ging es nicht nur um die Scans vor prothetischem Hintergrund, sondern Features, die darüber hinaus gehen. Modellarchivierung wäre hier zu nennen, Monitoring von Hartsubstanzdefekten, KFO-Diagnostik und Therapieplanung, Zahnfarbenbestimmung über den Scan sowie Kariesdiagnostik. Der digitale Scan kann über Softwareplattformen mit digitalen Röntgensystemen gematcht werden, mit Face Scannern und über dentale Fotografie zur Kommunikation mit dem Zahntechniklabor beitragen und auch für komplexe chirurgische Planungen und endodontische Maßnahmen genutzt werden.

Dr. Jonas Voßler stellte die Nutzung des digitalen Scans in Bezug auf die Anfertigung von Stiftaufbauten dar. Konfektionierte Stiftaufbauten passen oft nur bedingt gut und dezementieren häufig, man benötigt aber nur einen Termin und der Zahn kann weiter versorgt werden. Individuelle Stiftaufbauten passen besser aber benötigen mehrere Sitzungen und ein Provisorium. In seiner Studie ging es um die digitale Stiftabformung, einen gefrästen Stiftaufbau aus einem glasfaserverstärkten CAD/CAM Kunststoff und die adhäsive Befestigung. Die Ergebnisse zeigen eine einfachere Abformung, eine bessere Passgenauigkeit und weniger Dezementierung sowie weniger Frakturen bei digital gefrästen individuell gefertigten CAD/CAM-Stiften.

Im zweiten Vortrag von Frau PD Dr. Maximiliane A. Schlenz wurde eine APP-basierte Option für Pflegekräfte in Bezug auf einen Kaueffizienztest vorgestellt. Bei steigender durchschnittlicher Lebenserwartung beträgt der Anteil der über 65-jährigen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland zurzeit ca. 21 %, wird aber bis zum Jahr 2040 auf über 31% ansteigen. Der Erfolg des zahnärztlichen Aufwands im Hinblick auf die Prävention bedeutet gleichzeitig einen Anstieg des Betreuungsaufwands. Der Mini-Dental-Assessment Fragebogen beurteilt die aktuellen Beschwerden der Patienten, welches Ergebnis der Kautest mithilfe von definierten Möhrenstücken erbringt, wie lange die letzte Zahnarztkontrolle zurückliegt und wie alt der bestehende ZE ist. Ein Score ermittelt dann den zahnärztlichen Behandlungsbedarf. Die Studie zeigt, dass die Ergebnisse mit einer digitalen APP valide, besser und gebrauchstauglicher waren als über einen konventionellen papiergestützen Fragebogen.

Dr. Peter Rehmann präsentierte im letzten Vortrag des Tages die Bewertung von Langzeitbewährung von Zahnersatz. In der GKV entfielen in 2021ca. 25% der gesamten zahnärztlichen Aufwendungen auf den Bereich Zahnersatz (3,94 Mrd. €). Damit gehört der Zahnersatz zu den eher teuren Versorgungen beim Zahnarzt und erlaubt die Frage nach der Haltbarkeit der Rekonstruktionen. Seit einigen Jahrzehnten existieren Daten über sogenannte Kaplan-Meier-Diagramme, die eine Aussage zur Langzeitbewährung von Zahnersatz erlauben. Das größte Risiko ist die Gefährdung der Pulpenvitalität, sowie biologische Komplikationen wie Karies und Parodontopathien gefolgt von technischen Komplikationen wie Retentionsverlusten und Frakturen. Einflussgrößen wie avitale Zähne im Verbund mit vitalen Zähnen oder im Verbund mit Implantaten. Größen der Spannen beim Zahnersatz und Hygienefähigkeit spielen ebenfalls eine große Rolle bei der Überlebenszeit des eingegliederten Zahnersatzes.

Ein interessanter Tag bzgl. digitalen Techniken im zahnärztlichen Alltag neigte sich damit zu Ende und für offene Fragen gab es anschließend beim hessischen Buffet ausreichend Gelegenheit, diese zu diskutieren.

Zuletzt geändert am: 16.12.2022 um 14:06

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